
Trainingsraum
Konzept des Trainingsraums der Westhausen-Grundschule
Allgemeine Zielsetzung
Die Zielsetzung der Arbeit mit dem Trainingsraum besteht darin, die Schülerinnen und Schüler zu einem verantwortlichen und rücksichtsvollen Miteinander zu befähigen, ihnen gezielt Hilfen an die Hand zu geben, eigene Konflikte sinnvoll und nachhaltig zu lösen und gleichzeitig einen störungsfreieren Unterricht innerhalb der Klassen zu gewährleisten und zu fördern. Hierzu soll eine Lernatmospähre etabliert werden, die zunehmend geprägt ist von Freundlichkeit, produktiver Ruhe und Konzentration.
Dabei bietet der Trainingsraum die Möglichkeit, die Bearbeitung von Konflikten und Unterrichtsstörungen auszulagern. Somit wird einerseits ein ungestörter weiterer Ablauf des Klassenunterrichts ermöglicht, andererseits werden mit dem betreffenden Schüler bzw. der betreffenden Schülerin gemeinsam die Problemsituationen aufgearbeitet, nach Lösungen gesucht und ggf. Handlungsalternativen erarbeitet.
Die Arbeit im Trainingsraum versteht sich explizit nicht als Sanktionsmaßnahme und soll auch keinen bestrafenden Charakter haben, sondern klar als konstruktives Hilfsangebot erkennbar sein.
Grundlegend für die Arbeit mit dem Trainingsraum ist die allgemein verbindliche Festlegung von schulinternen Verhaltensregeln, welche in allen Klassen sowie in Pausen und Betreuungssituationen gleichermaßen gelten und jederzeit präsent zu machen sind. Ausgehend von den zwei allgemeinen Leitsätzen des Schullebens:
Jedes Kind hat das Recht, ungestört zu lernen.
Jeder Lehrer bzw. jede Lehrerin hat das Recht, ungestört zu unterrichten,
ergeben sich für die Westhausen-Grundschule drei allgemeine Verhaltensregeln (Schulregeln), unter die sich alle weiteren Regeln des bisherigen Schulalltags und Klassengeschehens subsumieren lassen:
Ich bin freundlich.
Ich verhalte mich ruhig in der Klasse und arbeite im Unterricht mit.
Ich gehe sorgfältig mit den Sachen um.
Nutzung und Besetzung des Trainingsraums

Der Trainingsraum kann grundsätzlich von allen Schülerinnen und Schülern der Westhausen-Grundschule genutzt werden. Der Fokus liegt hierbei nicht allein auf Kindern mit regelmäßigen Verhaltensproblemen oder Bedarf an (sonderpädagogischer) Unterstützung im sozial-emotionalen Bereich. Vielmehr wird im Sinne eines inklusiven Bildungssystems die gesamte Schulgemeinschaft in den Blick genommen.
Der Trainingsraum wird an jedem Unterrichtstag (Montag bis Freitag) in einer Kernzeit von der dritten bis zur fünften Unterrichtsstunde (10:00 bis 12:35 Uhr) von einer Trainingsraum-Mitarbeiterin bzw. einem Trainingsraum-Mitarbeiter (TM) besetzt. Pro Tag wird nach Möglichkeit ein TM für die drei Stunden durchgängig eingesetzt.
Das Trainingsraum-Team setzt sich zusammen aus Grundschullehrkräften, Sonderpädagogen, Schulsozialarbeiter und Mitarbeiterinnen des Offenen Ganztags. Das Kernteam besteht aus fünf TM und wird für jeweils ein Schuljahr festgelegt.
Die Besetzung des Trainingsraums hat Priorität, d.h. bei Ausfall einer/eines TM soll diese(r) im Trainingsraum durch eine(n) andere(n) TM vertreten werden, um eine durchgängige Besetzung des Angebots zu gewährleisten.

Umgang mit Konfliktsituationen und/oder störendem Verhalten im Unterricht
Anhand eines Farbensystems (Trainingsraumtafel) und ritualisierter Vorgehensweisen sollen Regelverstöße den Schülerinnen und Schülern klar verständlich und einheitlich verdeutlicht werden. Eine Trainingsraumtafel mit drei Farbfeldern (grün, gelb und rot) hängt in jedem Klassenraum sowie in allen Fach- und Betreuungsräumen. Namenskarten aller Kinder der jeweiligen (Lern-)Gruppe befinden sich auf dem grünen Farbfeld. Tritt ein Regelverstoß auf, liegt es im Ermessen der Lehrerin/Betreuungskraft, wann sie/er die erste Verwarnung ausspricht.
Hält sich der Schüler/die Schülerin wiederholt nicht an die Regeln, wird seine/ihre Namenskarte unter Verweis auf die entsprechende(n) Regel(n) auf das gelbe Farbfeld gerückt.
Die Verwarnung wird in allen Klassen gleich formuliert:
„Du hast gegen die Regel XY verstoßen. Entscheide nun, ob Du Dich jetzt an unsere Schulregeln halten möchtest. Ansonsten gehst Du in den Trainingsraum.“
Nach dieser Verwarnung bleibt der Schüler/die Schülerin bei gutem Verhalten für den Rest des Tages auf der gelben Stufe, auch wenn ein Wechsel der Lehrererin bzw. des Lehrers stattfindet. Erst am nächsten Schultag starten alle wieder bei grün.
Schafft das so verwarnte Kind es nun nicht, sich an die Schulregeln zu halten und stört erneut, beleidigt einen Mitschüler oder ähnliches, wird seine Namenskarte auf das rote Feld gerückt. Die entsprechende, gleichbleibende Formulierung hierzu lautet:
„Du hast Dich entschieden, in den Trainingsraum zu gehen.“
Die Lehrkraft füllt nun einen kurzen Berichtsbogen aus, auf welchem der Name des Kindes, der Lehrkraft und eine Kurzbeschreibung der Regelverstöße vermerkt werden. Mit diesem begibt sich der Schüler bzw. die Schülerin in den Trainingsraum.
Ablauf der Konfliktbearbeitung im Trainingsraum und Rückkehr in den Unterricht
Im Trainingsraum spricht der Schüler bzw. die Schülerin über den Konflikt, stellt seine/ihre Sichtweise des Problems dar, überlegt sich Lösungsmöglichkeiten und Handlungsalternativen für weitere Situationen. Hier können unterstützend verschiedene Materialien und Methoden zum Einsatz kommen (Bildmaterial, Piktogramme Fotos, Handpuppen, kleine Rollenspiele, Malen/Zeichnen).
Das Konfliktgespräch soll umfänglich sein, dem Kind nach Möglichkeit verschiedene Sichtweisen auf das Problem eröffnen und die Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme fördern. Zudem können Möglichkeiten der Wiedergutmachung erarbeitet oder gegebenenfalls aus einer Liste von Vorschlägen hierfür ausgewählt werden.
Anschließend dokumentiert der Schüler / die Schülerin sein/ihr Verhalten und die Lösungsvorschläge anhand unterschiedlicher Reflexionsbögen und Materialien (je nach persönlichen Fähigkeiten kann gemalt oder geschrieben werden bzw. aus vorgefertigtem Bildmaterial ausgewählt und eingeklebt werden. Außerdem wird vermerkt, wann und wo der durch den Trainingsraumbesuch versäumte Unterrichtsstoff nachgeholt wird.
Abschließend geht der Schüler / die Schülerin mit dem Reflexionsbogen zurück in die Klasse die Lehrkraft schaut sich das Arbeitsergebnis an.
Akzeptiert sie das Ergebnis, wird die Namenskarte der Schülerin / des Schülers wieder zurück auf das grüne Feld gesetzt und sie/er nimmt wieder am Unterricht teil.
Akzeptiert die Lehrkraft das Ergebnis nicht, wird die Bearbeitung des Konflikts im Trainingsraum fortgesetzt und vertieft, bis zu einer akzeptablen Lösung gefunden wird.
Der von beiden Lehrkräften abgezeichnete Reflexionsbogen wird im Trainingsraum archiviert.
Der Schüler / die Schülerin erhält zur Information seiner/ihrer Eltern einen Vordruck, auf dem der Trainingsraumbesuch und das auslösende Störverhalten vermerkt sind.
Sonderfälle
Falls der Trainingsraum bereits von einer Schülerin / einem Schüler besetzt ist, kann ein weiteres Kind die Wartezone am/im Trainingsraum nutzen oder aber für die Zeit in einer Partnerklasse untergebracht werden.
Wenn ein Schüler bzw. eine Schülerin zweimal am selben Tag den Trainingsraum aufsuchen muss, wird diese(r) in der folgenden Unterrichtsstunde vom Klassenunterricht ausgeschlossen (erzieherische Maßnahme) und nimmt am Unterricht einer Partnerklasse teil. Der versäumte Unterrichtsstoff muss nachgeholt werden. Die Eltern/Erziehungsberechtigten des betreffenden Kindes werden telefonisch oder schriftlich informiert und zu einem Gespräch eingeladen, um gemeinsam mit dem Kind, der Klassenlehrerin bzw. dem Klassenlehrer und der/dem TM ein Reflexionsgespräch zu führen, in welchem gegebenenfalls Hilfen für das Kind vereinbart werden.
Wenn ein Schüler bzw. ein Schülerin an drei Tagen innerhalb einer Woche den Trainingsraum aufsuchen muss, wird ebenso verfahren, wie unter Punkt 5.2 beschrieben. Zudem können die im Schulgesetz aufgeführten Ordnungsmaßnahmen eingeleitet werden (siehe Schul- und Bildungsgesetze des Landes Nordrhein-Westfalen, §53 Erzieherische Einwirkungen und Maßnahmen).
Wenn ein Schüler bzw. ein Schülerin sich weigert, den Trainingsraum aufzusuchen, wird ebenfalls so verfahren, wie unter Punkt 5.2 beschrieben.
Beim Problem der regelmäßigen Arbeitsverweigerung im Unterricht kann in Absprache mit der Klassenlehrerin das erwünschte Arbeitsverhalten im Trainingsraum eingeübt werden, d.h. der Schüler / die Schülerin muss im Trainingsraum mitgebrachtes Material bearbeiten.
Schülerinnen und Schüler, die grundsätzlich häufiger problematische Verhaltensweisen zeigen, können die Möglichkeit eines präventiven Trainingsraumbesuchs nutzen. Hierzu können sie selbst den Wunsch äußern, falls sich eine Konfliktsituation anbahnt, der sie sich nicht gewachsen fühlen.
Eine weitere Maßnahme der präventiven Arbeit kann das regelmäßige Reflexionsgespräch sein. Thema kann hier beispielsweise eine mit dem Schüler / der Schülerin gemeinsam erarbeitete Entwicklungsaufgabe im sozial-emotionalen Bereich sein, die sich aus einem regulären Trainingsraumaufenthalt ergeben hat und nun über mehrere Wochen bearbeitet wird. Hierzu werden feste Termine vergeben, in der Regel einmal pro Woche.
Einführung des Trainingsraums bei der Elternschaft
Bei der Schulkonferenz im Juni 2014 wurden den Vertretern der Eltern und Erziehungsberechtigen die Idee und die Konzeption des Trainingsraums vorgestellt und laut Konferenzbeschluss einstimmig von allen Beteiligten befürwortet.
Am 15.01.2015 findet ein allgemeiner Informationsabend für Eltern/Erziehungsberechtigte aller Klassen statt, an welchem das Trainingsraumkonzept anhand eines bildgestützten Vortrags dargestellt und erläutert wird sowie die Möglichkeit für Rückfragen gegeben wird (Einladung am 07.01.2015).
Die Arbeit mit dem Trainingsraum startet am 12. Januar 2015 mit einer nochmaligen schriftlichen Kurzinformation über das Konzept an die Eltern.
Zur Evaluation der Resonanz der Trainingsraumarbeit bei den Eltern/Erziehungsberechtigen ist eine Fragebogenerhebung im zweiten Schulhalbjahr 2014/15 geplant.
Einführung des Trainingsraums bei den Schülerinnen und Schülern
Die Erarbeitung der Schulregeln sowie die Arbeit mit der Trainingsraumtafel erfolgt in den Klassengemeinschaften innerhalb der Klassenratsstunden bzw. im Sozialtraining/Sachunterricht.
Als Vorbereitung auf den Trainingsraum arbeiten die Klassen seit dem 08.09.2014 in einer Art Testphase mit dem sogenannten „Nachdenktisch“, an welchem einzelne Schülerinnen/Schüler bereits eine vereinfachte Variante des Reflexionsbogens selbständig bearbeiten, wenn ihr Name an der Trainingsraumtafel auf das rote Feld gesetzt wurde. Die Rückmeldungen der Fach- und Klassenlehrkräfte hierzu fließen in das vorliegende Konzept gegebenenfalls mit ein.
Zur Evaluation der Trainingsraumarbeit bei den Schülerinnen und Schülern ist ebenfalls eine Fragebogenerhebung im zweiten Schulhalbjahr 2014/15 geplant.
Dokumentation und Evaluation der Trainingsraumarbeit
Für jede Schülerin und jeden Schüler, die den Trainingsraum besuchen, wird eine Mappe angefertigt, die als Deckblatt einen Schuljahreskalender enthält. Auf diesem werden die Trainingsraumbesuche markiert, damit übersichtlich erfasst werden kann, wie oft und zu welchen Zeiten (beispielsweise immer an bestimmten Wochentagen etc.) die Besuche stattgefunden haben.
Zusätzlich werden Elterngespräche sowie durchgeführte Konsequenzen dokumentiert.
Die Bericht- und Reflexionsbögen zu den einzelnen Trainingsraumbesuchen werden ebenfalls in dieser Mappe archiviert, im Trainingsraum gelagert und von den TM verwaltet.
Auf diesen werden folgende Informationen dokumentiert:
Berichtbogen:
Name des Schülers oder der Schülerin
Was ist passiert? Grund des Trainingsraumaufenthalts
Uhrzeit der Störung im Unterricht
Name der Lehrerin / des Lehrers, die/der den Schüler oder die Schülerin den Trainingsraum schickt
Reflexionsbogen:
Name des Schülers
Name der TR-Lehrerin
Datum und Uhrzeit (Beginn/Ende des Trainingsraumbesuchs)
Was habe ich gemacht? Welche Regel habe ich verletzt?
Was kann ich besser machen?
Unter Umständen können Beobachtungen auf einem Beiblatt ergänzt werden (Wie verhält sich der Schüler / die Schülerin? Wie hat die Aufarbeitung im Trainingsraum stattgefunden?)
Bei Bedarf sollen regelmäßige Gespräche mit der Klassenlehrerin bzw. dem Klassenlehrer stattfinden, um gemeinsam zu überlegen, wie es weitergehen soll und welche zusätzlichen Unterstützungsmaßnahmen getroffen werden können, wenn es dem jeweiligen Schüler bzw. der Schülerin weiterhin schwerfällt, sich an bestimmte Regeln zu halten (Ein gemeinsames Arbeiten in diesem Bereich könnte gegebenenfalls in einem Förderplan deutlich gemacht werden.).
Das Trainingsraum-Team trifft sich in regelmäßigen Abständen, um Erfahrungen auszutauschen, die Trainingsraumarbeit auszuwerten und weiterzuentwickeln. Zu den Treffen sind interessierte Kolleginnen und Kollegen eingeladen.
Jeweils halbjährlich findet eine Evaluation statt, die von dem Trainingsraum-Team durchgeführt und auf einer Lehrerkonferenz vorgestellt wird. Interessierten Eltern können diese Ergebnisse an den Elternsprechtagen mitgeteilt werden.
Das Konzept wurde im ersten Schulhalbjahr 2014/15 erarbeitet von der Konzeptionsgruppe Trainingsraum (Albrecht, Katthöfer, Martens, Schwefer, Sommer, Stiefelmeier).
